G wie Gießen: Der lange Arm der Stasi
Shownotes
Die neue Folge "Stadt Land Was?!" ist da. Wir sind Domescu und Nicole - und wir lieben gute Geschichten. In unserem Podcast "Stadt Land Was?!" nehmen wir euch mit an die unterschiedlichsten Orte dieser Welt und erzählen euch die spannendsten Geschichten, die diese Orte zu bieten haben.
Bei der Auswahl dieser Orte entscheidet der Zufall - oder besser gesagt: Das Stadt-Land-Fluss-Prinzip. Auch diese Woche springt Domescu wieder ein - und das bleibt auch erstmal so. Diese Woche erzählt er eine Geschichte zum Buchstaben G - und hat sich für die hessische Stadt Gießen entschieden.
Gießen ist eine 90.000 Einwohnerstadt und Schauplatz einer Republikflucht eines berühmten DDR-Fußballers. Domescu erzählt von der Flucht Lutz Eigendorfs in den Westen - und davon, wie Stasi-Chef Erich Mielke diese dem "kleinen Franz" wohl nie verziehen hat.
Die Bilder zu Domescus G-Folge findet ihr auf Instagram unter @stadtlandwas sowie auf TikTok und Facebook.
Eine Karte mit den Orten zu allen Stadt Land Was?!-Geschichten findet ihr hier.
Transkript anzeigen
00:00:00: Eigentlich hat der Reisebus erst ein Bruchteil der eigentlichen Fahrt hinter sich.
00:00:05: Dennoch macht er in unserer heutigen Stadt halt.
00:00:07: Mehrere junge Männer steigen aus und ström in Richtung der Einkaufsstraße.
00:00:12: Doch als der Shoppingtrip beendet ist, fällt den Männern auf.
00:00:15: Einer von ihnen fehlt.
00:00:24: Stadt, Land, eine Podcastreise zu Orten, an denen sich mystische, sonderbare und spannende Geschichten zugetragen haben sollen.
00:00:42: Hallo zusammen, das hier ist der Podcast statt Land-Was.
00:00:45: Ich bin Domescu und mir gegenüber sitzt Nicole.
00:00:48: Hallo.
00:00:50: Und aufmerksam zuhörenden, dürfte in diesem Moment auffallen?
00:00:54: Eigentlich müsste Nicole doch mal wieder eine Folge erzählen und alle, die darauf gehofft hatten, muss ich jetzt leider etwas enttäuschen, denn gleich mehrere Dinge, die hier im Hintergrund so passiert sind, haben dazu geführt, dass ich aktuell deutlich mehr Zeit habe als Nicole und ... Ja, da wir für eine faire Aufgabenteilung sind, müsst ihr jetzt erstmal mit mir vorliebt nehmen.
00:01:15: Ich finde das wirklich sehr, sehr toll.
00:01:16: Also danke, lieber Domesco, dass du dich dazu bereit erklärt hast.
00:01:20: Denn wenn du das nicht getan hättest, dann hätten wir jetzt auf jeden Fall eine etwas längere Stadtland-Waspause.
00:01:26: Und so können wir trotzdem weitermachen.
00:01:27: Und ich freue mich immer sehr auf deine Geschichten.
00:01:30: Ich bin sehr gespannt, ob das dem Publikum genau so geht.
00:01:33: Wir müssen natürlich auch noch aufklären zu welchen Buchstaben ich denn heute in der Geschichte erzähle, denn der wurde ja wieder nicht onR, sondern offR ausgelost.
00:01:42: Genau, das wird sich jetzt heute in der Folge natürlich ändern.
00:01:45: Da kriegst du dann onR deinen nächsten Buchstaben.
00:01:48: Aber offR habe ich dir G wie Gustav zugelost.
00:01:53: Genau, und hast du dazu auch schon eine Idee?
00:01:57: Oha, schwierig.
00:01:58: Also ich finde tatsächlich, dass es mit den Einleitungen, die wir jetzt immer machen, manchmal wirklich schwieriger wird.
00:02:04: Aber manchmal auch leichter.
00:02:05: Manchmal leichter.
00:02:07: Aber also, warte, wir hatten schon Glenco.
00:02:11: Wir hatten schon, wir hatten doch schon Paar mit G, oder?
00:02:16: Wir hatten auch Grönland auf jeden Fall, das weiß ich noch.
00:02:18: Stimmt.
00:02:19: Aber was ich ja auf jeden Fall in dieser Einleitung erwähnt habe, ist, dass wir uns in einer Stadt mit Einkaufsstraße befinden.
00:02:25: Ja, das stimmt.
00:02:29: Wie wär's denn mit...
00:02:31: Gießen.
00:02:31: Oh ja.
00:02:32: Ist es?
00:02:33: Es ist Gießen.
00:02:34: Wirklich?
00:02:36: Es ist Gießen.
00:02:38: Wusstest du, dass Gießen eine Einkaufsstraße hat?
00:02:41: Nee, aber ich war sogar mal in Gießen.
00:02:44: Das weiß ich.
00:02:45: Warum warst du in Gießen?
00:02:46: Ich war dafür ein Festival.
00:02:48: Genau, du warst dafür ein Festival.
00:02:50: Weißt du sonst etwas über Gießen?
00:02:52: Also ich weiß, dass die Band OK Kid aus Gießen kam, weil deswegen war da dieses Festival.
00:02:58: Und ansonsten... War's da ganz nett?
00:03:01: Okay, ich würde sagen, ich verrat dir heute ein paar mehr Dinge über Gießen.
00:03:05: Fangen wir einmal mit den ganz trockenen Fakten an, wie zum Beispiel Gießen ist eine Universitätsstadt in Mittelhessen.
00:03:11: Genau, und Gießen liegt nicht am Meer.
00:03:13: Es gibt nämlich ein Song von Okay, Kita heisst Stadt ohne Meer und da geht es um Gießen.
00:03:17: Das stimmt.
00:03:17: Gießen liegt allerdings in der Nähe des Flusses Lahn.
00:03:21: Also immerhin nicht am Meer, aber an einem Fluss.
00:03:23: Und wo genau Gießen liegt mit seinen neunzigtausend Einwohnern?
00:03:28: mitten in Mittelhessen, darfst du dir auf dem ersten Foto anschauen.
00:03:32: Ich weiß auf jeden Fall noch, dass es relativ umständlich war, da aus Berlin mit einem Zug hinzukommen.
00:03:39: Ah ja, das liegt, es bildet quasi einen Bermuda Dreieck mit Bonn und Frankfurt am Main.
00:03:45: So kann man das sagen.
00:03:45: So sieht es zumindest auf der Karte aus.
00:03:47: Was fand ihr noch für Orte auffahren?
00:03:49: Ich glaube, wir müssen auch Orte auffahren, die du auch schon mal mit mir besprochen hast, so ein bisschen.
00:03:53: Wir sehen jetzt zum Beispiel Ida Oberstein.
00:03:56: Das war doch da, wo da Schinder Hannes herkam.
00:03:58: Oder zumindest an der Nähe.
00:03:59: Wo sehen wir
00:04:01: das?
00:04:01: Ach,
00:04:01: da unten.
00:04:01: Ja, genau.
00:04:02: Im Süden, wie manche aussagen würden.
00:04:05: Ja, stimmt.
00:04:05: Auch Bad Kreuznacht.
00:04:06: Das war ja so die Gegend vom Schinder Hannes.
00:04:09: Genau.
00:04:10: Deshalb habe ich diesen Kartenausschnitt gewählt und nicht ein, wo man andere Städte sieht tatsächlich.
00:04:14: Sehr gut.
00:04:15: Ja, ansonsten liegt Gießen wirklich sehr in Mittelhessen, also Marburg ist da noch in der Nähe und ansonsten ist da erstmal drumherum relativ viel nichts.
00:04:26: Ja, das muss man wirklich sagen.
00:04:28: Und dennoch ist Gießen die Heimat gleich einer ganze Reihe prominenter Personen, wie etwa Wilhelm Liebknecht, dem Vater von Karl Liebknecht, die Heimat von ZDF-Erklärbär Harald Lesch, auch die beiden TV-Moderatoren Jan Köppen und Jochen Schropp.
00:04:45: kommen aus Gießen genauso wie Lisa Meyer, die in Paris mit der deutschen viermal einhundert Meter Staffel sensationell die Bronze-Medaille gewonnen hat.
00:04:54: Herzlichen Glückwunsch und OK-Kid.
00:04:56: OK-Kid ist aber nur eine von zwei großen Bands aus Gießen.
00:05:00: Weißt du, welches die andere ist?
00:05:02: Silbermond.
00:05:03: Oh, du bist so nah dran, wie man nur sein kann, wenn du es nicht getroffen hast.
00:05:08: Wir sind Helden.
00:05:09: Juli.
00:05:10: Juli,
00:05:10: okay, das ist wirklich sehr nah dran.
00:05:12: Viel näher hätte es nicht dran sein können, allerdings kommt Silbermut aus dem Osten.
00:05:16: Ach ja, stimmt.
00:05:17: Ja, okay, hast recht.
00:05:19: Aus Bautzen werde ich mich nicht täuschen.
00:05:20: Ja, und es kommen auch einige Profifußballer aus Gießen, der Mainzer Ben Bobzin.
00:05:26: Dabei spielt der Fußballverein, der in Gießen ist, der FC Gießen als fünfteligest im deutschen Fußball nur eine absolute Nebenrolle.
00:05:36: Diese Gemengelage, sage ich jetzt mal, ist ein kleines Vorschadowing auf die Folge, denn tatsächlich wird es in unserer Folge G wie Gießen immer wieder um Fußball gehen.
00:05:47: Und wir werden uns natürlich auch in Gießen aufhalten, allerdings nur für einen kurzen, aber sehr entscheidenden Moment.
00:05:53: Bin sehr gespannt.
00:05:56: Die Geschichte über Gießen startet nämlich nicht in Gießen, sondern viel näher in unserer Heimatstadt Berlin und zwar in Brandenburg an der Havel.
00:06:04: Ich kenne die Stadt hauptsächlich für das, ich glaube inzwischen nicht mehr stattfindende Baumblütenfest, dass sowas ist wie das größte organisierte Besäufnis nördlich der Theresienwiese.
00:06:16: Aber in Brandenburg an der Havel kam im Jahr neunzehntzechstenfünfzig auch ein Junge namens Lutz zur Welt.
00:06:23: Und Lutz war immer schon ein sportliches Kind.
00:06:26: Mit sieben Jahren trat er dem Ton und Sport unter DDR bei und ein Jahr später heuerte er auch beim Fußballclub.
00:06:33: B.S.G.
00:06:34: Motor Süd Brandenburg an.
00:06:36: Motor Süd.
00:06:37: Der Verein heißt übrigens immer noch so.
00:06:40: Ja, ja, ja.
00:06:41: Ja, ganz schön.
00:06:43: Und bei B.S.G.
00:06:45: Motor Süd Brandenburg wurde schnell klar, dieser Lutz ist viel zu gut für uns, viel zu gut für die brandenburgische Provinz.
00:06:52: Und so wechselte er mit vierzehn Jahren nach Berlin auf die Werner Seelenbindersportschule zum berüchtigten BFC Dynamo.
00:07:01: Und ich habe dir in der Vergangenheit bestimmt schon das eine oder andere Mal, was zum BFC Dynamo erzählt ist da, ist da was hängen geblieben.
00:07:11: Ich möchte, ich muss dich jetzt enttäuschen.
00:07:14: Nee.
00:07:15: Gar nichts?
00:07:15: Nee.
00:07:17: Also gut, ich hätte es eh noch mal für alle anderen zusammengefasst, aber ich hätte gedacht...
00:07:22: Nee, also ich hab auch erst an Dynamo Dresden gedacht.
00:07:24: Und dann, als du BFC Dynamo gesagt hast und nicht noch Dresden ergänzt hast, dachte ich mir, ah, er stimmt da, weil er noch ein anderes Dynamo.
00:07:32: Ja, und über das erzählte ich dir jetzt das ein oder andere.
00:07:35: Aktuell ist der BFC tatsächlich vor allem auch für eine organisierte Fanszene bekannt in der relativ viele Rechtsextreme sind und die auch gerne mal auf den Rängen über die Stränge schlagen, um es mal so vorsichtig zu formulieren.
00:07:50: Früher aber war der BFC Dynamo der Lieblingsklub von Stasi-Chef Erich Mielke.
00:07:57: Und der Tat stets fiel dafür, dass sein Lieblingsklub auch am besten darstand.
00:08:02: Und so erhielt der BFC Dynamo personelle, organisatorische und auch finanzielle Unterstützung und zudem profitierte der BFC zusätzlich von vielen sportpolitischen Entscheidungen in der DDR, die dem Klub immer und immer mehr die besten Spieler zuschusterten.
00:08:19: Und so wurde der BFC zu einem der erfolgreichsten Clubs in der DDR.
00:08:24: zwischen Neunzehnneunzig und Neunzehnneunachtzig holte der Club zehn Meisterschaften.
00:08:28: Und ist damit bis heute Rekordmeister der DDR-Oberliga allerdings nicht, und das ist mir ganz persönlich wichtig zu erwähnen, nicht Spitzenreiter der ewigen DDR-Oberliga-Tabelle.
00:08:39: Das ist, weil die Wände rechtzeitig kam, immer noch der FC Karlsars-Jena.
00:08:42: Herzlichen
00:08:43: Glückwunsch.
00:08:44: Vielen, vielen Dank.
00:08:46: Unser Protagonist Lutz wird also ab dem Alter von vierzehn Jahren beim BFC ausgebildet, von den besten Trainern der DDR im Fußball geschult.
00:08:57: und zusammen mit seinem ausgesprochenen Talent, das schon in Brandenburg aufgefallen ist, schaffte er es auch schnell in die erste Männermannschaft des BFC.
00:09:07: Auf dem Weg dorthin durchläuft er allerdings natürlich wie viele Kinder, die im System der DDR ein Traum verfolgten, auch den politischen Jugendweg.
00:09:15: Erst wird er pionier, Dann ist er in der FDJ und mit sechzehn Dritter auch dem freien deutschen Gewerkschaftsbund bei.
00:09:22: Und zwei Jahre später stand dann erstmals ein Name auf dem Spielberichtsbogen der ersten BFC meiner Mannschaft, der mit großen Hoffnung verbunden war.
00:09:31: Lutz Eigendorf.
00:09:34: Hast du in Zusammenhang mit dem Nachnamen schon mal von ihm gehört?
00:09:37: Nee, ich habe jetzt die ganze Zeit darauf gewartet, bis du den Nachnamen sagst, weil ich dachte, auch bestimmt ist das dann jetzt jemand, den man kennt, aber nö.
00:09:46: Okay.
00:09:47: Ist ja auch gut, ich will dir auch keine Geschichten erzählen, die du schon kennst.
00:09:50: Kanntest du den, bevor du die Geschichte recherchiert hast?
00:09:53: Ja.
00:09:54: Vom Fußball?
00:09:56: Eher darüber, dass ich geschichtsinteressiert bin.
00:10:01: Lutz Eigentoff ist Mittelfeldspieler und das spielte sich direkt im Kader des BFC Dynamo Fest.
00:10:06: Seine Bewegung war elegant, seine Übersicht für sein junges Alter bemerkenswert.
00:10:11: Mitspieler beschreiben ihn als beidfüßig Kopfballstark und dass er Dinge auf dem Platz tat, die andere sich nicht zu tun gedachten.
00:10:19: Und schnell erhielt er von den Fans den Spitznamen Kleiner Franz oder von der internationalen Presse den Namen Beckenbauer des Ostens.
00:10:27: Also beides ist an Franz Beckenbauer den damals besten westdeutschen Fußballer angelehnt.
00:10:35: Und das zeigt eigentlich relativ klar auch, wie talentiert.
00:10:39: dieser junge Mann gewesen ist.
00:10:42: Und so erhielt er dann auch mit achtzehn Jahren, nachdem er auch sein erstes Spiel für die Männer gemacht hatte, den Status des Vertragsamateurs.
00:10:50: Er ist nämlich nicht Profi geworden, dann würde ich an dieser Stelle einmal erklären, wie das damals im DDR Fußball so lief, denn im DDR Fußball gab es keine Profis.
00:10:59: Von der Propaganda her waren alles Amateure, die neben dem Fußball eigentlich noch ein Job für den folgseigenen Betrieb oder die Organisation hatten, Die hinter dem Klub stand.
00:11:10: Beim BFC war es das Innenministerium und die Volkspolizei und Eigendorf leistete offiziell sein Dienst als Volkspolizist ab, spielte aber natürlich eigentlich vor allem Fußball.
00:11:20: Also das heißt, das war dann quasi nur auf dem Papier eine Anstellung.
00:11:24: Aber eigentlich hat er da jetzt nicht wirklich drin gearbeitet.
00:11:27: Den einen oder anderen Dienst wird man, glaube ich, schon geschoben haben.
00:11:30: So eine Grundausbildung wahrscheinlich.
00:11:32: Aber insgesamt haben die da nicht gearbeitet.
00:11:34: Und dieser Vertragsamateurstatus hat auch dazu geführt, dass die DDR, also bei Olympia dürfen bei Fußballmannschaften immer nur Amateur- oder Jugendmannschaften antreten.
00:11:43: Und die DDR war immer ziemlich gut, weil die hat ja offiziell nur Amateure, hat aber immer die erste Mannschaft gespielt.
00:11:50: Was man halt so macht.
00:11:52: Fußball spielen konnte Lutz Eigentorff aber sehr erfolgreich.
00:11:55: Bis zum Jahr neunzehntneunundsiebzig machte er hundert Spiele in der Oberliga.
00:11:59: Schoss dabei sieben Tore.
00:12:00: Mit nur zwanzig Jahren debütierte er für die Nationalmannschaft der DDR und in sechs Spielen gelangen ihm drei Tore.
00:12:07: Und jetzt habe ich dir ganz viel von ihm erzählt und jetzt darfst du ihn dir auch angucken.
00:12:10: Auf dem nächsten Bild siehst du Lutz Eigentorff, wie er gegen den FC Kalsas Jena spielt.
00:12:17: Die Frage wird dich wahrscheinlich beschrieben, aber wer es wäre?
00:12:20: Der mit dem BFC-Logo ist Lutz Eigendorf.
00:12:22: Also der rechte?
00:12:23: Ja.
00:12:24: Okay.
00:12:25: Ja, der ist im, wie sagt man im Fußball, im Zweikampf?
00:12:29: Er ist im Zweikampf, genau.
00:12:30: Er ist im Zweikampf, hat so eine typische Nichtfrisur der siebziger, achtziger Jahre.
00:12:37: Ja.
00:12:38: Und guckt gerade sehr angestrengt.
00:12:41: Das kann man sagen, der ist ja auch immerhin im Zweikampf mit Peter Irmscher.
00:12:47: Und zwar im Ernst-Abesportfeld, wo du auch schon einmal gewesen bist.
00:12:51: Ja, das war auch ein Erlebnis, das ich nie vergessen werde.
00:12:55: Allerdings nicht an dem Spiel lag.
00:12:57: Das war allerdings, ja.
00:12:58: Da waren ein paar Fans aus dem Saale-Holzland-Kreis und das hat bei einigen Leuten, die mit mir dort waren und nicht aus der Region kommen, bleibende Schäden hinterlassen.
00:13:09: Dafür möchte ich mich entschuldigen.
00:13:11: Aber keine körperlichen Schäden.
00:13:13: Keine körperlichen, zum Glück.
00:13:15: War aber auch knapp, um hier zu sein.
00:13:18: Kommen wir zurück zu Lutz Eigendorf.
00:13:20: Lutz Eigendorf war, wie du gehört hast, ein talentierter Fußballer aus Lief Tip Top und auch privat lief es gut für ihn.
00:13:27: Er heiratete seine langjährige Freundin Gabriele, wurde Vater einer Tochter und genoss die Freiheiten, die man als DDR-Promi so genießen konnte.
00:13:36: Insbesondere als einer, der die große Hoffnung des DDR-Fußballs und von Stasi-Chef Mielke war.
00:13:42: Zudem galt er als politisch zuverlässig.
00:13:44: Das war so eine Stasi-Einordnung für Leute, bei denen man jetzt nicht geglaubt hat, dass die irgendeinen Scheiß machen.
00:13:50: Weil die Spieler beim BFC, da war die Stasia eh ganz nah dran.
00:13:53: Und die Spieler, die dort waren, wurden noch mal genauer begutachtet, dass die sich auch politisch zuverlässig betragen.
00:13:59: Deshalb hatte er ja schon sehr früh eine Stasi-Akte.
00:14:01: Wie halt ist er ungefähr auf dem Foto?
00:14:03: Also irgendwie sieht er schon etwas älter aus.
00:14:06: Also auf dem Foto ist er ... unter zweiundzwanzig oder maximal zweiundzwanzig.
00:14:12: Man muss aber sagen, dass wer auch immer die Einschätzung politisch zuverlässig getroffen hatte, nicht hätte weiter daneben liegen können.
00:14:22: Und damit springen wir ins Jahr neunzehntneunundsiebzig, denn da stand am zwanzigsten März für den BFC ein internationales Testspiel an.
00:14:32: Und du wirst es kaum glauben.
00:14:33: Das Testspiel fand an einem Ort statt, wo du auch schon gewesen bist.
00:14:37: Und davon darfst du dir jetzt ein Foto anschauen.
00:14:40: In Gießen?
00:14:41: Weiß ich nicht.
00:14:41: Guck sie das Bild an.
00:14:44: Also das ist ein Stadion?
00:14:46: Ja, ich bin mir sogar nicht mal sicher, ob ich oder du das Foto gemacht habe.
00:14:50: Ist das... Ah, erster FC Kauke.
00:14:53: Ich musste jetzt einmal näher ranzoom.
00:14:55: Ich hab das sonst nicht direkt erkannt.
00:14:56: Das ist in Kaiserslautern.
00:14:58: Genau, das ist der Betzeberg.
00:14:59: Ja.
00:15:00: Genau, stimmt.
00:15:01: Da waren wir vor zwei Jahren, anderthalb.
00:15:04: Und das wiederum war ein sehr schönes Fußballerlebnis für mich, was auch nicht an dem Spiel lag.
00:15:09: Aber da war, ja, das hat einfach sehr viel Spaß gemacht.
00:15:13: Da war eine gute Stimmung.
00:15:15: Da haben wir viel gesungen.
00:15:16: Das stimmt.
00:15:17: Ja.
00:15:17: Und da hat uns niemand gedroht, uns auf die Fresse zu schlagen.
00:15:21: Das
00:15:21: stimmt.
00:15:21: Und dass, obwohl jemand schräg vor uns saß, der Entrico hatte, wo er seinen Spitznam Alpha-Rüde drauf gefloggt hatte.
00:15:28: Ja.
00:15:28: Aber der war offensichtlich ein ganz Zama-Alpha-Rüde.
00:15:32: Ach krass.
00:15:33: Also ein Kaiserslautern war dann dieses internationale Test-Spiel.
00:15:36: Genau.
00:15:37: Zwischen der BFC und dem FCK.
00:15:39: Und für Dynamo ist das ein spannender Vergleich mit der Westkonkurrenz.
00:15:42: Denn in der DDR-Oberliga ist man gerade... mit dem ersten Meistertitel in Neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt.
00:16:09: Und nicht nur deshalb war die Stimmung beim anschließenden gemeinsamen Bankett, bei dem auch DDR und Klubfunktionäre anwesend waren, seltsam angespannt.
00:16:19: Denn den BFC-Spielern war tatsächlich auch die Kontaktaufnahme zu ihren Westkollegen verboten.
00:16:23: Das heißt, die konnten sich da jetzt nicht irgendwie austauschen oder offiziell zumindest nicht austauschen.
00:16:29: Also
00:16:29: die durften dann wirklich nur auf den Spielfeld kommunizieren?
00:16:32: Ja, möglichst auch da nicht, aber da lässt es sich ja nicht vermeiden.
00:16:35: Entsprechend kurz war dann der Abend für die BFC-Profis, die Spieler gingen rasch ins Bett und sie akzeptierten das letztendlich auch, denn am nächsten Tag stand zwar die Heimreise an, aber auch ein weiteres Highlight, auf das viele von ihnen gewartet hatten.
00:16:51: Hast du eine Ahnung, was für ein Highlight jetzt noch auf die BFC Spieler zukommen könnte?
00:16:57: Ich nehme mal an, der Einkaufstrip nach Gießen.
00:16:59: Der Einkaufstrip nach Gießen und damit kommen wir eben zu dem Moment in unserer Eingangszene.
00:17:05: Der Bus mit den BFC-Spielern und Funktionären hält in der mittelhessischen Stadt.
00:17:10: Die Männer steigen aus, die allermeisten von ihnen wollen sich eindecken mit Westprodukten, Kaffee, Jeans und all den Dingen, die sie im Osten nicht mal als BFC-Spieler bekommen.
00:17:20: Doch Lutz Eigentorff inzwischen, zwanzig Jahre alt, hat andere Pläne.
00:17:24: Er will nicht nur ein paar Luxusartikel aus dem Westen, er will im Westen bleiben.
00:17:29: Anstatt also wie seine Mannschaftskollegen rund um den selters Weg von Laden zu Laden zu gehen, steigt er in ein Taxi und lässt sich zwei Stunden zurück nach Kaiserslautern fahren.
00:17:40: Da habe ich auch eine kurze Frage.
00:17:41: Ja.
00:17:42: Weißt du, warum die ausgerechnet in Gießen eingekauft haben?
00:17:46: Also es war Gießen dann wirklich irgendwie so berüchtigt für die Einkaufsstraße.
00:17:51: Ich kann es mir beim besten Willen nicht erklären.
00:17:55: gegen Ende der Folge noch einmal zurück auf die Stadt Gießen und das macht es für mich noch merkwürdiger, warum sie dorthin gefahren sind.
00:18:01: Vielleicht einfach auf dem Weg oder so?
00:18:03: Also es lag auf dem Weg definitiv.
00:18:04: Also sie mussten da vorbei klaren, aber warum man dann da gehalten hat und nicht in Kaiserslautern selbst einen Bummel gemacht hat, keine Ahnung.
00:18:12: Ich war leider auch in Gießen nicht shoppen, habe glaube ich nicht viel von der Innenstadt gesehen, deswegen kann ich auch leider nicht sagen, ob das da so... Toll war.
00:18:22: Ich hab dazu wirklich überhaupt nichts gefunden, muss ich ganz ehrlich zugeben.
00:18:26: Aber also zurück zu Lutz, das ist natürlich ein krasser Move, den er wahrscheinlich dann auch nicht spontan unternommen haben wird.
00:18:33: Wahrscheinlich nicht, wahrscheinlich ist der Gedanke schon länger in ihm gereift.
00:18:37: Eingeweiht hatte allerdings niemanden.
00:18:40: Weder Mitspieler, noch seine Eltern, noch seine Frau.
00:18:45: Schon heftig.
00:18:46: Erst mal ließ sich... Lutz-Eigendorf aber am Betzenberg absetzen.
00:18:51: Weil das halt die Adresse war, die er kannte.
00:18:53: Dort war die Geschäftsstelle und dort traf er auch den FCK-Geschäftsführer Norbert Tienes.
00:18:59: Und der schaltete tatsächlich so schnell, wie es wahrscheinlich nötig war.
00:19:05: Denn Tienes verbarg Eigendorf, der große Sorge vor dem langen Arm der Stasi hatte vor der Öffentlichkeit.
00:19:12: Er brachte Eigendorf erst in einer Pension in Trippstadt im Pfälzer Wald unter.
00:19:17: Und später sogar bei sich selbst im Haus.
00:19:20: Ah krass.
00:19:21: Wirklich lang gegen das Versteckspiel.
00:19:23: natürlich nicht gut, auch weil die Westpresse recht begeistert über die Republikflucht des Beckenbauers der DDR berichtet hatte.
00:19:31: Und die DDR-Führung versuchte das Ganze hingegen eher klein zu halten.
00:19:35: Im neuen Deutschland gab es nur eine Minimeldung dazu, in der es hieß Eigentorf sei mit Geld bestochen worden, aber dafür gab es keine Belege.
00:19:45: Ja klar, man muss ja dann schon irgendwie so den Helden, man muss dann versuchen irgendwie so ein bisschen den Glanz zu wahren, von wegen der hat jetzt nicht von sich aus sich gegen die DDR entschieden, sondern der musste dann schon mit Geld gelockt werden.
00:19:59: Und das war tatsächlich eigentlich immer so die Begründung.
00:20:02: Also Eigentorff war auch nicht der einzige, der versucht hat, seinen Status als Fußballer zu nutzen, um abzuhauen.
00:20:09: Und das war eigentlich immer die gängige Begründung.
00:20:11: Ja, auch heftig, dass er halt dann eben nicht mal seiner Frau Bescheid gesagt hat.
00:20:17: Auf der anderen Seite ja irgendwie auch verständlich, weil vielleicht wollte er sie auch einfach nur schützen und hätte sie ja eh nicht mitnehmen können.
00:20:23: Genau, und das war halt so ein bisschen grad.
00:20:26: in den ersten Wochen, in den ersten Wochen nach seiner Flucht war das ganz, ganz großes Thema für ihn.
00:20:32: Er hat dann auch im Westfernsehen ein Interview gegeben und dort zu Protokoll gegeben.
00:20:35: Es ist mein größter Wunsch.
00:20:36: Meine Familie so schnell wie möglich herüberzuholen.
00:20:39: Es gab auch Kontakte zu verschiedenen Fluchthelfenden.
00:20:42: Doch die waren am Ende machtlos gegen BFC-Edel-Fan und Stasi-Chef Erich Mielke, der sichtlich auf Rache aus war.
00:20:52: So soll Mielke als der BFC wenige Wochen nach Eigentorffs Flucht erstmals DDR-Meister wurde erklärt haben.
00:20:59: Eigentorff wird nie wieder Fußball spielen.
00:21:04: Recht hatte er zwar nicht.
00:21:05: Zwar wurde Eigentorff erst mal für ein Jahr aus dem Spielbetrieb genommen.
00:21:09: Der erste FC Kaiserslautern hat zwar gesagt, wir bieten euch hunderttausend, damit wir ihn offiziell verpflichten können.
00:21:15: Der BFC hat dem aber nicht zugestimmt.
00:21:17: und wenn sowas stattgefunden hat, früher war das dann halt so, dass der Spieler dann ein Jahr gesperrt wurde.
00:21:22: Der FC K fing den Talentierten aber natürlich auch weiterhin traurigen Mittelfeldspieler auf.
00:21:27: Sie finanzierten ihm ein B-Trainer-Schein, mit dem Eigentorff dann die B-Junior der Roten Teufel trainierte.
00:21:33: Und zudem konnte er auch auf der Geschäftsstelle arbeiten.
00:21:36: Du musst vielleicht einmal kurz für die Leute, die nicht FCK-Fans oder Fußball-Fans erklären, was die jungen Teufel sind.
00:21:43: Roten Teufel?
00:21:44: Die Roten Teufel.
00:21:44: Die Roten Teufel, das ist der Spitzname für den ersten FCK-Seslatern.
00:21:49: Danke.
00:21:49: Im April, neunzehnt achtzig traf dann die Spielberechtigung ein und am elften April machte er sein erstes Spiel für den FCK und fügte sich nahtlos in das Team von Trainer Kali Feldkamp ein.
00:22:03: Was sich aber bis hierhin nach einem kleinen Fußballmärchen anhört, sollte bald schon ordentliche Risse bekommen.
00:22:09: Im Verlauf der kommenden Saison hatte Eigendorf immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen.
00:22:14: Zudem wirkte er mit der Zeit auch immer weniger unbekümmert, was sich auch auf sein Spiel auswirkte.
00:22:20: Und das war ja auch am Ende kein Wunder, weil die Stasi hat es auf ihn abgesehen und er wusste auch, dass die Stasi es auch auf seine Familie abgesehen hatte.
00:22:28: Die Folgen waren auch in der DDR zu spüren.
00:22:30: Die Spieler des BFC wurden intensiver überprüft.
00:22:33: Freundschaftsspiele im Westen wurden aus Sorge vor Nachahmern über Jahre abgesagt.
00:22:38: Eigendorf wurde im Westen immer wieder beschattet und sein ganzes Leben wurde dokumentiert.
00:22:43: Insgesamt sollen in den folgenden Jahren fünfzig Hauptamtliche und zwanzig inoffizielle Mitarbeiter der Stasi auf ihn angesetzt worden sein.
00:22:50: Boah,
00:22:50: auf eine Person!
00:22:52: Ja, also ich bin jetzt nicht ganz sicher, ob es nur auf ihn oder auf ihn und seine Familie.
00:22:55: Es ist aber für... ein Fußballer haut ab.
00:22:58: Wahnsinn.
00:22:59: Ja,
00:22:59: total.
00:23:01: Und wie gesagt auch seine Familie wurde beschattet, seine Eltern und seine Ehefrau.
00:23:06: Diesen wurde nicht nur immer wieder die Ausreise verwährt.
00:23:10: Eigentorfs Frau Gabriele und die gemeinsame Tochter wurden auch von dem Fußballer isoliert und zwar sofort eigentlich direkt nach der Flucht.
00:23:17: Die hatten dann keinen möglichen Kontakt mehr.
00:23:20: Immer wieder wurde sie auch von der Stasi gedrängt, die Scheidung einzureichen und ihr wurde sogar gedroht, dass wenn sie dies nicht tat und sich quasi weiter verbündet mit dem Republikflüchtling, dass ihr dann die Tochter weggenommen wird.
00:23:33: Das ist echt hart.
00:23:34: Und als gemerkt wurde, das klappt nicht so ganz, griff die Stasi zu einem weiteren Mittel, und zwar zum Mittel des Romeoagenten.
00:23:46: Ist das so eine Art Heiratsschwindler?
00:23:48: Ja, wobei dieser Typ offenbar nicht ganz so viel geschwindelt hat.
00:23:51: Das ist auf jeden Fall ein Agent, der darauf angesetzt wurde, Gabriele Eigendorf zu umgarnen, zu verführen und dazu zu bringen, der Schnellscheidung doch zuzustimmen.
00:24:02: Und das hat tatsächlich geklappt.
00:24:04: Aus welchen Gründen kann ich dir am Ende nicht sagen?
00:24:07: Naja, ich meine, sie wird halt auch einfach dann wahrscheinlich einsam gewesen sein, wenn sie dann halt so beobachtet und isoliert wurde.
00:24:15: Hatte dann über lange Zeit gar keinen Kontakt zu ihrem Mann.
00:24:17: Wusste ja auch vielleicht dann selber gar nicht wirklich, was seine Beweggründe waren.
00:24:22: Dann war sie ja wahrscheinlich auch noch Anfang Mitte zwanzig.
00:24:24: Genau.
00:24:24: Und man muss auch sagen, der lange Zeitraum war jetzt nicht so lang.
00:24:26: Tatsächlich wurde die Schnellscheidung im Juli neunundseinundsiebzig bereits vollzogen.
00:24:31: Also vier Monate nach der Flucht, dreieinhalb, vier Monate.
00:24:34: Aber trotzdem muss man sagen, man weiß ja nicht, was in ihrem Kopf vorgegangen ist.
00:24:37: Er war plötzlich weg.
00:24:38: Er war drüben im Westen.
00:24:39: Ja,
00:24:40: hat ja auch sein können, dass er ... die sich jetzt von der Familie auch wirklich lösen wollte.
00:24:44: Das wusste sie ja dann nicht.
00:24:46: Und dazu kommt ja noch dieser ganze Druck, der auf sie ausgeübt wurde.
00:24:50: Eben total.
00:24:51: Deshalb meine ich, es klingt jetzt erst mal irgendwie hart, so dass sie dann drei Morden ihm zustimmt.
00:24:55: Ich muss aber sagen, bei allem, was sie dann da auch mitmachen musste, kennt man die Umstände einfach nicht.
00:25:01: Und würde ich sie einfach mal von frei sprechen.
00:25:05: Den Romeo Agenten heiratete sie übrigens dann später auch noch.
00:25:08: Also das scheint gute Arbeit gemacht zu haben.
00:25:10: Wie das dann allerdings weiter ging weiß ich nicht.
00:25:13: Vielleicht ist es ja sogar irgendwie eine ganz... Also es ist natürlich eine beschissene Geschichte, weil er Romeo Agent ist.
00:25:19: Aber vielleicht hat er sich auf seiner Mission ja wirklich verliebt.
00:25:22: Das wollen wir ihm und Gabriele einfach mal wünschen.
00:25:25: Ja, aber stell mir mal vor wie bitter, wenn er das auch nie aufgelöst hat und dann die DDR irgendwann vorbei war und sie dann vielleicht Akteneinsicht... haben wollte und das dann irgendwie herausgefunden hat oder so.
00:25:35: Ja, irgendjemand hat Akteneinsicht genommen und das herausgefunden, sonst hätte ich dir das jetzt nicht erzählen können.
00:25:40: Also spätestens zu dem Zeitpunkt hat sie es erfahren.
00:25:43: Krass.
00:25:44: Im Jahr neunzehntzweiundachtzig heiratete dann auch Lutz Eigendorf erneut.
00:25:49: Mit seiner zweiten Frau Josefine bekam er einen Sohn und auch seine Fußballkarriere gegen im Westen weiter.
00:25:56: Allerdings nicht ganz so reibungslos, wie er sich das erhofft hatte.
00:26:00: Also war der Erd auch dann eine neue Partnerin gehabt.
00:26:03: Genau, aber in two ninety-two.
00:26:04: Sprich zwei
00:26:05: Jahre.
00:26:05: Drei Jahre nach der Familie.
00:26:07: Wobei ich natürlich nicht weiß, hat da vorher auch andere Frauen gehabt.
00:26:10: Ich meine, die Scheidung, auch er hat ja keinen Kontakt.
00:26:12: Er hat einfach neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt neunzehnt.
00:26:30: ne Die mentalen Probleme durch die Trennung von seiner Familie und natürlich auch das Jahr ohne Wettkampfpraxis, als er da nur die B-Jugend trainiert hat, waren sicherlich nicht ideal.
00:26:42: Nach drei trotzdem jetzt nicht komplett unerfolgreichen Jahren am Betzenberg strebte Lutz Eigentorff dann einen Tapetenwechsel an und wechselte für zweihunderttausend Mark zu Eintracht Braunschweig.
00:26:52: Das ist ja auch eine Stadt, wo wir gerade gewesen sind, deshalb finde ich das gerade so witzig in Anführungszeichen, aber es ist...
00:26:58: Ja.
00:26:59: Und deutlich näher dran an der ehemaligen DDR.
00:27:01: Das stimmt.
00:27:04: Was Eigentorff nicht weiß bei seinem Wechsel, auch hier wird er natürlich von mehreren Stasi-Mitarbeitern bespitzelt.
00:27:11: Einer ist ihm sogar aus Kaiserslautern gefolgt.
00:27:13: Er hat ihn schon in Kaiserslautern bespitzelt und ist dann in Braunschweig wieder mit dabei gewesen.
00:27:18: Krass, auch wenn das so dein Job ist, immer so ein Fußballer zu bespitzen, das ja wahrscheinlich relativ langweilig ist, weil der wird ja vermute ich jetzt einfach mal sehr wenig politische Arbeit im Hintergrund betrieben haben.
00:27:30: Ja, also insgesamt sicherlich gab es mehr Leute, die mehr politische Arbeit betrieben haben.
00:27:36: Fußballerisch dauert das allerdings ein bisschen bis Lutz-Eigendorf in Braunschweig Fuß fast.
00:27:43: Erst mal werfen wir wieder Verletzungen zurück.
00:27:44: Er fällt fast die ganze Hinrunde aus.
00:27:47: Wenn er aber fit ist, dann spielt er inzwischen sechsundzwanzig Jahre alte Eigendorf meist auch.
00:27:53: Außer bei der Null zu zwei Heimniederlage seines neuen Vereins gegen den VfL Bochum am fünften März, neunzehntundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundundund Saufen?
00:28:15: Saufen.
00:28:15: Nein, also nicht saufen, tatsächlich, weil das wird es verfälschen.
00:28:18: Er ist danach mit seinen Mitspielern eben in die Kneipe zum gemütlichen Connie gegangen.
00:28:23: Heißt die Kneipe so oder ist das ein Sprichwort, was man dort tut?
00:28:26: Nein, das so heißt die Kneipe, die gibt es leider nicht mehr.
00:28:29: Ich habe das nachgeschaut.
00:28:30: Zwei Tausend Zehn hat die Kneipe zum gemütlichen Connie geschlossen.
00:28:35: Nach zwei Gläsern Bier, von denen ich allerdings nicht weiß, wie groß sie waren, ist Lutz Eigentorff dann nach Hause gefahren.
00:28:42: Allerdings nur kurz, weil er sich dann noch mit seinem Fluglehrer in der Bar Cockpit treffen wollte.
00:28:48: Am nächsten Tag stand eine Flugstunde an oder ein Flug, das weiß ich nicht, ob eine Flugstunde oder eine Flug, nach Westerland an und darüber wollte er sich mit dem noch austauschen und deshalb hat er da auch nicht viel getrunken, sondern auch nur nochmal rund zwei Gläser Bier.
00:29:03: Ich finde es sehr witzig, dass Fluglehrer in eine Bahn namens Cockpit gehen, aber wahrscheinlich war das extra eine
00:29:08: Flug.
00:29:10: Ich glaube auch.
00:29:11: Ansonsten ist sie das dann geworden.
00:29:14: Um einundzwanzig Uhr Eigendorf hatte jetzt über den gesamten Abend verteilt vier Gläser Bier getrunken, verabschiedeten sich die beiden Männer.
00:29:23: Und auch da merkt man, dass wir den Achtzigern sind.
00:29:26: Eigendorf bestieg jetzt nicht irgendwie eine Straßenbahn, sondern er bestieg natürlich sein eigenes Auto, sein Sportwagen der Marke Alpha Romeo.
00:29:36: Und was dann in den nächsten zwei Stunden passierte, ist nicht ganz klar.
00:29:41: Gegen drei und zwanzig Uhr aber rast Lutz Eigentorff mit seinem Sportwagen auf der Forststraße in Braunschweig gegen ein Baum.
00:29:49: Retter bringen ihn noch ins Krankenhaus, doch sie können ihn nicht retten.
00:29:55: Später wird dann ein Blutalkoholwert von zwei Komma zwei Promille gemessen.
00:29:59: Da denkt man schon, okay krass, ja auf jeden Fall ein Alkoholunfall.
00:30:04: Aber so richtig will das niemand glauben, denn schnell wird klar, man hat Lutz Eigendorf insgesamt über den gesamten Abend nur vier Gläser Bier trinken sehen.
00:30:13: Und wie man da auf zwei Komma zwei Promille gekommen sein will, kann sich eben keiner erklären.
00:30:19: Zumal der eigentliche Wert im Blut noch deutlich höher gelegen haben muss, weil Eigendorf vor der Entnahme der Blutprobe auf dem Weg ins Krankenhaus noch eine Infusion bekam, die da ja das auch wieder ein bisschen rausspült.
00:30:31: Für seine Angehörigen war der Tod das XXVI-Jährigen ein Schock.
00:30:35: Seine Eltern erhielten für die Beerdigung in Kaiserslautern die Erlaubnis zur Ausreise und kehrten dann auch nicht mehr in die DDR zurück.
00:30:44: Seine neue Frau musste den gemeinsamen Sohn ohne Vater aufziehen und auch die Mitspieler in Braunschweig waren völlig durch den Wind.
00:30:51: Sie gewann im weiteren Verlauf der Saison nur ein Spiel und entging dadurch denkbar knapp dem Abstieg.
00:30:57: Die Frage, was genau mit Lutz-Eigendorf passiert ist, ist übrigens bis heute noch ungeklärt.
00:31:03: Vor allem allerdings, weil er nicht noch einmal rechtlich aufgerollt wurde.
00:31:06: und es gibt aber mehrere deutliche Hinweise darauf, dass Erich Mielke und seine Stasi derart gekränkt von der Republik Flucht ihres kleinen Franz gewesen waren, dass sie Eigentorff töten ließen.
00:31:18: Aber wie?
00:31:19: Also bei einem Autounfall, wo er ja auch nur Erdan im Auto war?
00:31:23: Es gibt tatsächlich einige Hinweise darauf.
00:31:26: Der Verdacht kam übrigens schon sehr früh auf.
00:31:29: Und zwar hatte Eigentorff nämlich wenige Tage vor seinem Tod im ARD-Magazin Kontraste, die DDR und den Fußball im Osten kritisiert.
00:31:38: Und über die Jahre sammelten sich dann immer mehr Indizien an.
00:31:42: Zum Beispiel war relativ klar, Eigentorff wurde intensiv bespitzelt.
00:31:46: In seiner Akte fanden sich mehrseitige Beschreibungen seiner Regelmäßigkeiten im Tagesablauf, darunter auch Fahrstrecken und Fahrverhalten.
00:31:55: Und in den Unterlagen fand sich auch eine Notiz, in den Eigendorf im Zusammenhang mit den Begriffen Narkosemittel, Ohnmacht, Unfallstatistiken und Verblitzen genannt wurde.
00:32:07: Was heißt verblitzen?
00:32:08: Verblitzen ist sowas wie Blenden.
00:32:11: Also Leute blenden.
00:32:14: Und was auch noch auffällig ist, was auch aus den Stasiunterlagen hervorgeht, dass einige Stasi-Mitarbeiter, die auf ihn angesetzt waren, an seinem Todestag eine Sonderprämie erhielten.
00:32:25: Ja, okay.
00:32:26: Und was ja?
00:32:26: vielleicht, also vielleicht gehst du da noch drauf ein, aber was ja wahrscheinlich der Stasi auch in Dorn im Auge war, waren vielleicht ja diese Flugstunden, weil ja dann Leute mit einem eigenen Flugstein vielleicht dann auch eher in der Lage dazu waren, dann halt doch irgendwie Leute rauszuholen aus der DDR.
00:32:45: Gute Theorie gehe ich tatsächlich nicht drauf ein, aber spannend auf jeden Fall.
00:32:49: Also vielleicht ist das auch absoluter Quatsch, aber vielleicht haben sie das ja einfach noch dann irgendwie als Gefahr.
00:32:54: gewertet.
00:32:55: Ja, es gab doch mal diese Geschichte, also das ist ja eine echte Geschichte, natürlich hat Matthias Schweighöfer sie verfilmt, weil Matthias Schweighöfer jede deutsche Geschichte verfilmt, aber da gab es auch mal diese Geschichte von den Leuten, die mit dem Heißluftballon aus Thüringen geflohen sind nach Bayern.
00:33:09: Stimmt.
00:33:10: Mit und von Matthias Schweighöfer.
00:33:12: Es ist aber auch nicht das einzige Indiz, denn der ehemalige Stasi IM, IM steht für inoffizieller Mitarbeiter, Karl-Heinz Falkner, der bei der Stasi unter dem Tarnnamen Klaus Schlosser geführt wurde, erklärte vor fünfzehn Jahren, also im Jahr Zwei-Tausendzehn, er habe ein Mordauftrag für Eigentorff erhalten.
00:33:31: Diesen, und das gab er auch an, habe er jedoch nicht ausgeführt.
00:33:35: Und Experten können damit nicht so richtig was machen, denn die Aussage ist jetzt nicht komplett unglaubwürdig, ist aber auch nicht superglaubwürdig, denn Karl-Heinz Falkner ist mehrfach vorbestraft und... für verschiedenste Delikte.
00:33:50: und es gibt halt auch keine zweite Quelle dazu.
00:33:53: Keine zweite Quelle, weil Fake-NAS-Stasi-Akten der Jahre, neunzehntachzig bis dreieinachtzig verschwunden sind.
00:34:01: Und auch deshalb kam es nie zu einem neu aufgerollten Verfahren, weil einfach stichhaltige Beweise gefehlt haben.
00:34:08: Doch so eng die Stasi auch die Faust um die Menschen in der DDR zog, sie konnte nie alle festhalten.
00:34:15: Ein halbes Jahr nach dem Tod von Lutz-Eigendorf setzten sich mit Falco Götz und Dirk Schlegel zwei weitere BFC-Spieler von der Mannschaft ab.
00:34:23: Kurz vor dem Europapokalspiel gegen Partysan Belgrad nahmen auch sie ein Taxi und fuhren in das westdeutsche Generalkonsulat.
00:34:31: Über Slowenien und Österreich flohen beide anschließend nach München und von dort aus kamen sie ausgerechnet nach Gießen.
00:34:40: Die Stadt unserer heutigen Folge, wo sich ein Aufnahmelager für Geflüchtete aus der DDR befand.
00:34:46: Und deshalb fand es auch so komisch, dass Lutz Eigentorff nicht dorthin, sondern nach Kaiserslautern gefahren ist und dass der Stasi-Club ausgerechnet sich gießen für den Einkauf ausgesucht hat.
00:34:59: Ja, stimmt.
00:35:00: Es hat sich für mich überhaupt nicht ergeben, also...
00:35:03: Nee, stimmt, also keine Ahnung, vielleicht so als Test oder so, aber dann haben sie ja nicht gut auf die Leute aufgepasst.
00:35:08: Ja, was ich mir noch überlegt habe, ist, dass sie da irgendwie, keine Ahnung, falls da noch ein Stasi-Offizier mit an Bord war, irgendwie als Teil der Delegation, dass er da irgendwie noch Interviews dort geführt hat in dem Aufnahmellager und dass sie da so zwei Termine mit einverbunden haben oder dass sie die Stadt Gießen einfach kannten.
00:35:25: Und wussten, ah, hier kann man einkaufen, weil es ja dieses Lager gibt, das ist eine gut bespitzelte Stadt.
00:35:30: Wir wissen, also,
00:35:31: weißt du?
00:35:32: Ja, es kann natürlich sein, dass die dann da besonders viele Leute irgendwie stationiert hatten.
00:35:36: Aber wie genau, also was genau das zusammenhängt, verstehe ich nicht, aber ich wollte das auf jeden Fall noch einmal erwähnen, dass die beiden nächsten Flüchtlinge dort dann eben angekommen sind.
00:35:48: Abgefahren.
00:35:49: Beide hatten übrigens deutlich größeres Glück als Lutz-Eigendorf.
00:35:53: Denn beide wurden zwar auch von der Stasi bespitzelt, aber beide sind noch am Leben.
00:35:59: Und beide zog es, nachdem die Bundesrepublik auch auf das Gebiet der DDR ausgeweitet wurde, wieder zurück nach Berlin.
00:36:06: Bei Hertha BSC arbeiteten beide im Jugendbereich, Falco Götz war sogar zeitweise Profitrainer von Hertha, und sie formten dort zahlreiche Talente wie Ashkan Dejaga oder auch Kevin Prince Boateng.
00:36:19: Ein Happy End, das Lutz Eigendorf Niemals erleben durfte.
00:36:24: Rest in Peace.
00:36:26: Und das war meine Geschichte zur Stadt G wie Gießen, in der wir uns nicht viel, aber doch, ich finde an entscheidenden Momenten dieser Geschichte aufgehalten haben.
00:36:36: Ja.
00:36:37: Ja, vielleicht machen wir auch mal eine Fortsetzungsfolge zu Gießen, wo wir dieses Geheimnis dann lüften.
00:36:42: Warum ausgerechnet Gießen?
00:36:44: Ja, und wir machen eine Folge zu Julie oder so.
00:36:48: Wie ausgerechnet die auf die perfekte Welle gekommen sind, wo die Stadt doch gar kein Meer hat.
00:36:53: Ja, das wird eine gute Geschichte.
00:36:55: Sehr gut.
00:36:56: Dann freue ich mich, dass du mir so aufmerksam zugehört hast.
00:37:01: Danke für diese Geschichte.
00:37:02: Und dann würde ich dir jetzt deinen nächsten Buchstaben zulosen, denn die nächste Folge wirst ja auch dann du wieder vorbereitet.
00:37:07: Die werde auch wieder ich machen.
00:37:08: Dann leg los.
00:37:15: Stopp.
00:37:17: Oh, den Buchstaben willst du nicht.
00:37:18: Was?
00:37:19: X. Ich glaube, da gibt es...
00:37:21: Ja, also es gibt natürlich diverse Städte in China, aber...
00:37:24: Also ich kann dir ja mal einen Ersatzbuchstab noch zulosen und dann kannst du ja mal gucken, ob du irgendetwas mit X findest und wenn nicht, nimmst du den Ersatzbuchstab.
00:37:33: Das finde ich gut, ja.
00:37:34: Ich hoffe, damit können unsere Höhrenden auch
00:37:35: leben.
00:37:36: Ich hoffe, ihr findet das nicht schlimm, aber X ist halt wirklich schwierig.
00:37:39: Falls euch irgendetwas mit X einfällt, dann könnt ihr natürlich Domesco schreiben.
00:37:44: Also entweder ihr schreibt an Stadtland was... oder auf instagram oder tiktok oder da ist auch domesku verlinkt domesku moella auf instagram.
00:37:55: genau das wäre gut.
00:37:58: ich brauche auf jeden fall für x input aber ich kriege jetzt hoffentlich noch einen zweiten busch haben.
00:38:02: sehr gut stopp.
00:38:06: war ich zu schnell?
00:38:08: ja aber mit a findest du auf jeden fall was
00:38:10: ja bestimmt
00:38:11: gut.
00:38:11: das ist auch ein guter deal.
00:38:13: und was kriege ich wenn ich was mit x finde?
00:38:17: Dann übernehme ich die Übernächste voll.
00:38:19: Okay,
00:38:20: schauen wir mal.
00:38:21: Alles klar.
00:38:22: Da würde ich sagen, ihr liked und folgt uns wo ihr könnt und wir hören uns in zwei Wochen.
00:38:26: Bis dann.
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